
Märzsamstag im Jardin des Plantes
Es gibt so viele Orte in Paris, die ich E. zeigen möchte. Noch ist sie sehr klein. Ausflüge müssen gut geplant sein – andernfalls bringen sie uns allen mehr Stress als Vergnügen. Denn Paris ist anstrengend, die Boulevards laut, die meisten Cafés nicht für eine Pause mit Kleinkind geeignet. Aber es gibt auch zauberhafte Nischen inmitten der Stadt. Vor Kurzem haben wir uns auf den Weg zum Jardin des Plantes gemacht, einem wunderbaren botanischen Garten im Quartier Latin. Ein weitläufiger Park mit geheimnisvollen Ecken, einem uralten Zoo und naturkundlichen Lehrpfaden.

Ich passiere die Pforte zum Jardin des Plantes, im Arm eine ungeduldige E., die sich windet und jetzt lieber allein laufen will. Der Sandboden knirscht unter den Sohlen. Es ist schon später Nachmittag, einige Besucher stehen am Naturkundemuseum Schlange. Mir schießen Déjà-vus durch die Sinne – es sind bestimmt vier Jahre vergangen, seit ich das letzte Mal hier war, in diesem schier immerblühenden Park im 5. Arrondissement. (Einmal habe ich hier schon davon berichtet: Wie wir zu zweit einen Märznachmittag Im Jardin des Plantes verbrachten.)
Der Ort ist noch immer derselbe, aber ich sehe ihn nun mit anderen Augen: Ich sehe ihn durch E.s Blick hindurch, E., die alles zum allerersten Mal sieht. Im Takt ihrer Schritte dringen wir in den Jardin vor. Sie läuft, hält an, zeigt in eine Baumkrone, dreht sich um, tauscht ein Grinsen mit einem hechelnden Cocker Spaniel aus, schießt plötzlich davon in eine andere Richtung.



Wir gehen in die Ménagerie, den Zoo im Jardin des Plantes – es ist der zweitälteste Zoo der Welt! 1793 wurde er gegründet und seine Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz. Das Ensemble aus Tiergehegen, gewundenen Pfaden, blühenden Sträuchern, Statuetten und Kiosken wirkt wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, man geht hindurch wie auf den Spuren einer Kindheit vor hundert Jahren… Vor dem Wildtier-Gehege hat einst Rilke gestanden und seine Beobachtung in dem berühmten Panther-Gedicht verarbeitet.

E. kleine Füße werden müde und wir tragen sie durch den Park zurück zum Ausgang. Gleich in der Nähe liegt die quirlige Rue Mouffetard, wo wir noch ein paar Einkäufe für das Abendessen erledigen. Auch hier sind wir zig mal gewesen, als wir noch im benachbarten Arrondissement wohnten. Nach und nach wird E. all diese Orte, die wir in Paris lieben und mit denen uns viele Erinnerungen verbinden, kennenlernen… Als nächstes vielleicht die Ufer der Seine?


2 Kommentare
Barbara Landgraf
Ich lese diese Zeilen immer wieder gerne und erinnere mich an eben diesen Spaziergang, damals gemeinsam. Die Schuhe hoch oben in der Rue M.
Jetzt seid Ihr diesen Weg mit E. gemeinsam gegangen…
…und dabei denke ich, vielleicht zeigt E. diese schöne Ecke irgend wann vielleicht A. oder …
Ich würde diesen schönen Spaziergang immer wieder im Frühling in Paris machen.
Friederike
ja, für euch ja auch eine Paris-Erinnerung, der Jardin des Plantes und die Rue Mouffetard, im Frühling so zauberhaft, wie jetzt gerade auch. Ich kann mich auch noch gut an euren Besuch damals erinnern.