-
AUFWÄRTS (TROTZ REGEN)
Über Paris sieht es tagsüber noch immer aus, als wär es November. Aber immerhin bin ich genesen und freu mich über die wiedergewonnenen Kräfte. So eine unfreiwillige Auszeit kann einen ganz schön läutern. Da ist nicht nur der Vorsatz, in Zukunft achtsamer mit mir zu sein, sondern auch die Einsicht, dass ich mir häufig Druck mache, wenn es eigentlich nur um Kleinigkeiten geht. Diese drei, vier Tage haben mir Stille in den Kopf geweht. Und den Gedanken an den Sommer, den ich beschließe, zu genießen. Und plötzlich steht die zu schreibende Abschlussarbeit gar nicht mehr so übergroß vor mir. Die beste Entscheidung, die ich treffen konnte: Doch noch ein Flugticket…
-
LANGER JUNIABEND
Der letzte Post war ein Befreiungsschlag für die kommende Arbeitsphase und ich gehe sie begleitet von euren guten Worten an. Danke! Freitag ist es also schon wieder. Dann und wann habe ich mich mal wieder ablenken lassen, aber gerade diese Zerstreuungen bleiben mir im Sinn, wenn ich auf die vergangenen Tage zurückblicke. Zum Beispiel kam da eine wunderbare Bücherpost aus Deutschland eingeflattert: Ich habe mir nach längerem Liebäugeln die Literaturzeitschrift Poet bestellt. Und in ihr bin ich versunken in eine dichte, vielfältige Sammlung von zeitgenössischen Texten, in kurze Prosastücke, Lyrik und Kommentare. Dazu liebevolle Illustrationen und ein angenehmes Buchformat. Auch der Poetenladen ist einen virtuellen Besuch wert für den, der…
-
SOMMER VORM BALKON
Das war eines der schönen Wochenenden. Diese, die man irgendwie als Gefühl in Erinnerung behält. Dabei ist nichts Besonderes geschehen. Zu zweit in Paris, Sonne und Hitze, nachts Gewitter und Regen, Junitage, wie sie sein können. F. und ich waren arbeitsam, Zeit für einen kleinen Ausflug zum Einkaufen haben wir uns nur am Samstag Vormittag genommen. Ansonsten haben wir die Tage zwischen Bildschirm, Balkon und Küche verbracht. In Kürze muss ich eine kleine letzte Hausarbeit abgeben, bevor ich mich dann wirklich ganz der Masterarbeit widmen kann. Beide “Baustellen” habe ich still und gelassen am Wochenende vorangebracht. Gedankenblitze beim Lesen notiert, Ideengeflechte auf Schmierblättern verbildlicht. Eine gut durchdachte Gliederung zu schaffen,…
-
KURZER SÜDEN
Paris im Mai – der Abend zieht in roten Linien vorüber, darin die Amsel ihre Molltöne zu Samt verwebt. das Licht ist kurz dem Süden entliehen. es wiegt sich noch von Mast zu Mast und Dach für Dach errötet und verblasst. Erste Junitage, Paris ist bewölkt und kühl. Ich hänge einem Gedanken zurück in den Mai nach. Da waren diese südlichen Abende, wie ausgeliehen, denn Sommer ist noch nicht. Man sehnt sich den Winter lang danach: mit einem Glas Wein, in guter Gesellschaft draußen sitzen zu können, bis sich erst spät abends das Licht verfärbt. Mit F. genieße ich das sehr. Wie schon im April. Dabei das Schwirren der Schwalben…
-
Wenn es Abend wird in Paris …
Abendrot die Sehnsucht der Füchse Abendrot über den Städten —Mario Wirz Ich sitze, mache dies und das, mal wieder so eingenommen, abgelenkt, zerstreut. Ich sehe kurz auf. Da ist wieder das Abendwerden am Himmel. Mach die Augen auf, nimm die Fuchsröte, die sich da draußen auf die Dächer legt, mit allen Sinnen wahr! Schließlich stehe ich auf, um doch noch die Kamera in die Hand zu nehmen… Das Licht ist weich und fließend. Ich kann durch die klare Luft bis zum Sacré Coeur schauen (so weit geht die Sicht im Winter meist nicht …). Es steht dort bleich wie ein Märchenschloss. Das Panthéon, zurzeit in Renovation, steht da wie eine…
-
Seiltanz zwischen Leicht und Schwer
“Ich bin aber damit nicht einverstanden, Dass es schwer sein soll. Ich will es leicht. Darum übe ich mich, die Schwerkraft zu zwingen, Übers Seil zu laufen und dabei zu singen, Um endlich auf einer Wolke zu landen.” (Wann ist die Balance erreicht?) (Eva Strittmatter “Balance”) Rot & Blau, leichtfüßig & schwermütig, hell & trüb. Die letzte Woche war voll von blauen Tagen und roten Abendhimmeln, mancher Tag einfach ins ‘Blaue hinein’, mancher geordnet nach Terminen. Oft bin ich kaum sicher, ob etwas gestern oder vor 3 Tagen war. Da waren: Stunden vor Bildschirm und Hausarbeiten | ausgedehnte Morgenrituale | Nachmittage mit meinem Schützling & seinen vielen Hausaufgaben | viel…
-
Im Jardin des Plantes
Erinnerung an letzten Sonntag Hand in Hand mit F. Meine Kraft reicht nur für eine Stunde Spaziergang aus, daher muss das Ziel gut gewählt sein. Wir setzen uns den Bus. Schon seit Freitag sind die öffentlichen Transportmittel wegen starker Luftverschmutzung kostenlos… Es geht in den Jardin des Plantes, einen großzügig angelegten Botanischen Garten im 5. Arrondissement. Kennt ihr ihn? Gegen die Spätnachmittagssonne kommen uns zahllose Spaziergänger entgegen. Man sieht beinah nur ihre Umrisse. Wie im Schattentheater. In den nächsten Wochen werden die Bäume wieder aufsprießen. Aber auch diese feingliedrigen, kahlen Wintergeäste haben ihre Anmut, finde ich. Es war kaum Winter, da wird es schon Frühling. Oder sagt man das jedes…
-
Abendmomente unter freiem Himmel
Wenig poetisch: Ich stehe eine Erkältung aus. Dabei war das Wochenende nochmal so wunderbar sonnig in Paris. Ich konnte in meinem benebelten Zustand also nicht die üblichen Spaziergänge und Einkaufstouren mit F. machen. Auch für die Uni habe ich außer ein paar Notizen, um mir später das Ausformulieren zu erleichtern, nichts geschafft. Meine Augen fielen vor dem Bildschirm zu und ich konnte nicht weiter denken als bis zu meiner verstopften Nase und dem rauen Hals. Aber auch das gehört zur Achtsamkeit: Akzeptieren, dass man phasenweise hinter seinen Erwartungen zurückbleibt. Und Entschleunigen, bis man wieder zu vollen Kräften kommt. Vom Sofa aus hat mich dieser seidige Abendhimmel auf den Balkon gelockt.…
-
Laufen ins Abendrot
Erster Märztag. F. und ich laufen abends im Jardin du Luxembourg. Den ganzen Tag über ist es grau über Paris gewesen. Diese Art Himmelgrau, die blendet, obwohl kein Sonnenstrahl zu sehen ist, und die den Kopf beschwert. Gegen 6 Uhr abends dann ein gleißender Sonnenuntergang, dem wir entgegenlaufen. Ich höre keine Musik dabei, bin wie taub von der kalten Zugluft. Die Kälte hat schon den vielversprechenden Beigeschmack von Winterende. Ich schaue blinzelnd ins Abendrot hinein, will geblendet sein, mich auspowern, glühen vor Kälte und Hitze. Es tut gut, an nichts zu denken. Und wenn mich doch ein Gedanke streift, ist er zuversichtlich: Ich habe einen kleinen Job gefunden, der mir…